Tag 129 – 19.11.2015
Laos – Don Khong
und wie die Menschen auch sein können…
Wir hatten uns entschieden. Am Freitag wollten wir Laos verlassen. Ich hatte ein gutes Angebot gefunden und geschrieben aber noch keine Antwort erhalten. Also wollte Stéphane den Tag nutzen, um zu arbeiten.
Es stellte sich also die Frage, was machen wir drei Hübschen. Der Enthusiasmus hielt sich in Grenzen. Aber nur rumhängen? Wir schauten in die Karte und wollten zum Markt. Über den Markt zu gehen, macht immer Spass. Wir streiften durch die Strassen, fanden nicht den Markt aber Alina’s heimliche Einnahmequelle. Die gute Dame hätte uns ruhig sagen können, dass sie hier ein Gästehaus hat, dann hätten wir uns das Suchen am ersten Tag ersparen können. 🙂
Danach war die Frage, wie weiter… Fahrradtour, nichts Tun? Alina wollte zu dem anderen Markt mit dem Fahrrad fahren, Lara wollte eigentlich lieber Geschichte hören. Und ich wieder mal in der Mitte. Irgendwie riss mir da die Geduldsschnur und ich beschloss, ich fahre mit Alina zum Markt und Lara kann machen, was sie will. Ist ja eigentlich auch ok, wir MÜSSEN ja nicht immer alle aufeinander hocken. Ich verkündete also meine Entscheidung und prompt wollte Lara mit. Verstehe einer die Kinder.
Auf jeden Fall mieteten wir Räder und machten uns auf den 8 km entfernten Markt, der genau auf der anderen Seite der Insel liegt. Der Weg dahin war nicht besonders schön. Staubige Strasse. Kein Schatten. Und dann das… Lara’s Kette sprang in kürzester Zeit vier Mal runter. Zum Schluss rollte sie immer nur über die Schlaglöcher. Ich hatte dreckige Hände und war genervt. Und das interessante war, nicht ein Mal, nicht ein einziges Mal hat jemand angehalten, um zu fragen, ob ich Hilfe bräuchte. Ich weiss nicht, ob ihr anhaltet, um zu fragen, aber ich würde hoffen, dass ich es mache. Hier keiner. Wenn wirklich etwas Schlimmes gewesen wäre, hätte ich den Verkehr regelrecht stoppen müssen. Das war keine schöne Erfahrung und wirft auch einen Blick auf die Menschen hier.
Endlich in Muang Sean Nua, der vermeindlichen Marktstadt, angekommen, waren wir alle kurz vor dem Verdursten und nachdem wir uns schnell Wasser gekauft hatten, fanden wir sogar ein Restaurant, um einen Eisshake zu trinken. Die Motivation, diese 8km wieder zurückzufahren, war nicht besonders gross, also musste ich mir was einfallen lassen. Badesachen hatte ich keine dabei, aber ich hatte vom Restaurant aus gesehen, dass ein paar Leute im Mekong gebadet hatten. Vorschlag:
Baden gehen mit Anziehsachen. Zuerst. Wirklich? Nein. Das klebt dann so. Und dann … waren meine Kinder für fast 40 Minuten weg. 🙂 Als ich sie endlich rausholte, hiess es, so hätten sie noch nie gelacht und solchen Spass hätten sie noch nie erlebt. Man muss halt auch mal Verrücktes erlauben.
Auf unserem Rückweg wollten wir nun zum Markt, um vielleicht etwas Obst zu kaufen. Aber was man hier Markt nennt, deckt sich nicht ganz mit meinen Vorstellungen. Zwar waren überall Tische aufgebaut, aber nur 2% davon hatten auch etwas drauf. Keine Ahnung, ob zu einem anderen Zeitpunkt am Tag es voller ist, oder nicht. Warten wollten wir nicht, denn nach einem Telefonat mit Stéphane hatte ich erfahren, dass wir immer noch keine Bestätigung für unseren Transport in Kambodscha hatten. Also radelten wir zurück.
Im Gästehaus angekommen begann der Thriller, kommen wir über die Grenze? Wann? Wie? Von wo? Nur Fragen und keine Antworten und Geld mussten wir auch noch für das Visa wechseln und die Bank machte um 15:30 Uhr zu. Ich versuchte das Transportunternehmen anzurufen. Ich konnte sie hören, sie mich aber nicht. Das Internet ist einfach zu langsam. Dann mein Vorschlag, Stéphane sollte es mit seinem schweizer Natel probieren. Überzeugt war er nicht, dass es klappen würde, aber probieren sollte er es. Und es klappte. Irgendwie war unsere Anfrage nicht angekommen. Wir sollten doch kurz eine Email schreiben. Ok. Gemacht. Dann war der yahoo Server so langsam, dass die Email nicht verschickt wurde. Nach Nerven zerreissenden Minuten endlich – ja – die Email ist verschickt und eine Antwort ist da. Die war allerdings ganz allgemein gehalten und bat um die Informationen, die ich schon in der Email gegeben hatte. Datum der Reise und Anzahl der Personen. Also noch einmal geantwortet. Wieder wollte yahoo nicht wie wir. Irgendwann klappte es. Die Nachricht war raus uns schnell erhielten wir die Bestätigung für den Transport von der Kambodschanischen Grenze nach Siem Reap. Der Transfer vom Gästehaus zur Grenze war auch schon ok, wir werden ein privates Taxi vom Gästehaus nehmen. Das ist nicht billig, aber so kommen wir früh genug von der Insel zur Grenze, um den Bus nach Siem Reap zu schaffen. Jetzt war nur noch die Frage mit dem Geld. Alles kurz durchrechnen und auf ging es zur Bank. Ich hatte schon fast durchgeatmet, was sollte denn jetzt noch schief gehen? Als ich in der Bank war und die restlichen Laotischen KIP in US Dollar wechseln wollte, hiess es, sie haben keine Dollar. Ich solle doch zu einem der grossen Hotels gehen. Ich dachte, das wäre ein Witz. Überall liesst man, dass die Wechselkurse im Hotel schlecht sind. Und hier scheint es die einzige Möglichkeit zu sein, US Dollar zu bekommen. Also nahm ich mein Fahrrad und fuhr los und genau gegenüber der Bank ist ein grosses Hotel. Davor stand ein älterer Herr, der sein sehr grosses Auto akribisch abspritzte. Den fragte ich einfach. Und tatsächlich. Er war der Besitzer des Hotels und ich sollte auf seinen Sohn warten, der könnte das Geld wechseln. Nervenkitzel. Gebe ich wirklich mein Geld einem Fremden. Welcher Umtauschkurs? Zieht er mich über den Tisch? Bin ich vielleicht ein leichtes Opfer? Und ich wartete und wartet, während er das Auto, die Blumen, die Palmen und die Strasse goss. Ich rief kurz Stéphane an, damit er noch in ein anderes Hotel geht, um sich dort auch zu erkundigen. Es war schon nach 15:30 Uhr, die Bank war also zu, und endlich kam der Sohn. Es war die selbe Person gewesen, die mir in der Bank übersetzt hatte, dass es keine US Dollar gab. Zufall? Auf jeden Fall verschwanden Vater und Sohn und Vater kam zurück mit der Aussage, er hätte nur 150 US Dollar, etwas weniger als ich wollte. Dann rechnete er schnell etwas und ich etwas viel länger und schliesslich gab ich ihm unser Geld und erhielt die Dollar. Ich bedankte mich, fuhr ab, und plötzlich hatte ich das Gefühl, Mist gebaut zu haben. Schnell holte ich den Rechner noch einmal raus, nein, es war ok. Zurück im Gästehaus rechnetet Stéphane auch noch einmal nach. Es war ok. Aber dann… der Mann hatte mir einen 100 Dollar Schein gegeben, der irgendwie anders aussah, als alles, was ich jemals gesehen hatte. Also gingen wir wieder auf’s Internet und kontrollierten, ob der Schein überhaupt echt ist. Stéphane erinnerte sich, dass viele Geschäfte den 100 Dollar Schein gar nicht akzeptieren, weil es so viele Fälschungen davon gibt. Wenn die Kambodschanischen Grenzer ihn nicht nehmen, haben wir nicht genug Geld, um einzureisen. Der Thriller geht also weiter.
Danach brachte ich die Fahrräder zurück und zeigte der Frau das Bild von der runtergefallenen Kette. Das schien sie aber gar nicht zu interessieren. Sie räumte nur die Fahrräder weg. Ich blieb stur. Ich wollte, dass sie mich ernst nahm, ich hatte bezahlt, und meine Tochter, hatte Schwierigkeiten, das Fahrrad normal zu benutzen. Die Frau ignorierte mich einfach. Sie hörte nicht zu und irgendwann schickte sie mich sogar weg. Wo war die Höflichkeit hin? Geht man so mit Kunden um? Oder bin ich als Tourist kein Kunde, sondern nur ein geldgebendes Etwas, was verschwinden und kein Theater machen soll? Im Endeffekt stand sie einfach auf und liess mich stehen. Das war mir dann auch noch nicht passiert. Völlig überrascht, setzte ich mich erst einmal auf den frei gewordenen Stuhl und überlegte, was ich machen kann. Und das ist es eigentlich. Ich kann gar nichts machen. Ich sprach mit Stéphane später darüber. Es ist nicht die Unehrlichkeit, es ist auch nicht die Geldgier… nein, es ist mein Gefühl, nichts wert zu sein. Ich bezahle und das ist meine einzige Daseinsberechtigung. Ich weiss, es gibt Orte, wo die Einheimischen vom Tourismus abhängig sind und gleichzeitig diese Touristen verachten. Und ich fühlte mich verachtet. Eine andere Kundin kam auch noch rein, als ich da so auf dem Stuhl sass und bemängelte genau das selbe Problem. Die Fahrräder werden einfach nicht gewartet und es ist ja auch egal, die Touristen zahlen, wenn sie sie ausleihen und sollte etwas damit sein, bekommen sie kein Geld zurück. Ich habe mich selten so gefühlt, aber es wirft kein gutes Licht auf diese Frau, auf dieses Geschäft und ist leider der letzte Eindruck, den ich von Laos mitnehme.
Morgen verlassen wir Laos in Richtung Kambodia.
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