Tag 158 – 18.12.2015
Kambodscha. Phnom Penh
Festliche Eröffnung eines neuen Temples
Da Weihnachten bei euch allen vor der Tür steht, wollte Stéphane noch einen weiteren Tag arbeiten und blieb deshalb im Gästehaus. Wir drei Frauen hatten damit wieder einen Tag für uns und wollten uns den königlichen Palast ansehen. Wir marschierten also los, unterbrochen von unzähligen tuk tuk Fahrern, die uns immer wieder fragten “tuk tuk”? und einer Alina die irgendwann nur noch schreiend antwortete “NO!” 🙂
Irgendwann hörte Alina Musik und fragte, ob da eine Zeremonie im benachbarten Tempel sei und da ich ihr die Frage nicht beantworten konnte, gingen wir einfach hin. Wir kamen an einen Tempel, vor dem mehrere Zelten aufgestellt waren, Stühle standen bereit, ein roter Teppich lag noch unausgerollt auf der Seite… hier musste also etwas Wichtiges passieren. Wir sind rein gegangen, denn im Gegensatz zum Vortag hatte ich einen langärmligen Pullover an, denn es war kalt an dem Morgen. Der Winter hat eindeutig in Kambodscha begonnen.
Der Innenraum des Tempels sah sehr neu aus und war festlich geschmückt. Wir trafen auf eine westlich aussehende Frau, die sich gerade mit einem Mönch unterhielt. Wir kamen ins Gespräch. Es stellte sich raus, dass sie mit ihm zusammen, Häuser für Arme baut und gerade auf Besuch war, und dass an diesem Nachmittag der Tempel festlich eröffnet werden sollte. Was für eine Gelegenheit. Das wollten wir uns natürlich nicht entgehen lassen. Nur war ich mir nicht sicher, ob wir dafür nicht etwas “under-dressed” waren, aber der Mönch sagte, es wäre ok.
Aber Kimneang wollte, dass ich die Suppe probieren würde und bestellte einfach eine für mich. Sie bezahlte auch unser Essen und es war mir wirklich unangenehm. Ich kenne mich zu wenig in der Kultur aus, um zu wissen, wie ich mich richtig verhalten soll. Auch schon im Tempel, es ist schwierig zu wissen, was ist erlaubt, was nicht. Und so viel Gästfreundschaft macht mich verlegen. Ich könnte mir vorstellen, mich ähnlich wie sie zu verhalten, wenn ich auf Ausländer treffe, aber am “receiving end” zu sein, damit habe ich Mühe.

Sie musste kurz vor 14 Uhr zurück, um einen letzten Blick auf alles zu werfen und wir folgten ihr kurz danach. Es war nicht klar gewesen, ob wir im Tempel sein dürften während der Zeremonie und als wir am Tempel wieder ankamen, stellte sich raus, dass wir draussen bleiben müssten. Ob, weil wir Ausländer waren, ob, weil wir keine festlichen weissen Blusen anhatten, ob, weil es nur geladene Gäste waren, war nicht klar, aber die Antwort war “nein“. Ich hatte etwas von Geld gehört, war mir aber nicht sicher, denn ich hatte keine Lust, irgendwen zu bestechen, um reinzukommen. Also setzten wir uns draussen hin und Alina war sehr traurig und weinte. Der Mönch, den wir am Vormittag getroffen hatte, hatte alles mitbekommen und entschuldigte sich sogar bei uns. Kurz danach kam er wieder und sagte, wir dürften rein. Ich verstand die Welt nicht mehr. Wir wurden reingeleitet, und sollten uns zu den Musikern setzen. Alina war glücklich und ich peinlich berührt. Wie kam das? Wer hatte welche Fäden gezogen? Oder war doch Geld im Spiel? Wir waren auf jeden Fall drin und dann begann das Warten, denn die Ehefrau des Premierministers hatte so einen vollen Terminkalender, dass es ihr unmöglich gewesen war, pünktlich zu kommen. Über eine Stunde warteten die Gäste, die fast ausschliesslich die Ehefrauen von ebenso wichtigen Männern waren. Dann erschien sie. Grüsste. Versprühte etwas Parfüm um den Altar. Und die Zeremonie konnte beginnen. Es wurde gebetet, Musik gespielt, gesungen. Da wir leider kein Khmer verstehen, wurde es uns schnell langweilig aber da waren wir nun in unserem goldenen Käfig.
Als der offizielle erste Teil fertig war, verliessen sowohl Kimneang wie auch wir den Tempel. Vor dem Gehen gab sie dem, der uns zuerst gesagt hatte, dass wir nicht rein dürfen, noch Geld. Ein schlimmer Gedanke kam mir, bezahlte sie dafür, dass wir drinnen hatten sein dürfen?
Draussen traf ich auf eine imposante Ansammlung von unbezahlbaren Lamborghinis. Auch das ist Kambodscha. Kontrast pur.
Am Abend wollten wir noch ins Theater und staunten nicht schlecht über das Schattentheater, was uns geboten wurde. Ein schöner Abschluss zu einem sehr durchwachsenen Tag.
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